Uwe Hartmann: Innere Führung: Erfolge und Defizite der Führungsphilosophie für die Bundeswehr

Erscheinen im Carola Hartmann Miles-Verlag, Berlin, 2007, 277 Seiten, 19,80€

„Innere Führung“ umschreibt die Philosophie, das Grundverständnis und letztlich die grundlegende Führungskonzeption der deutschen Streitkräfte. Die Führungskonzeption der „Inneren Führung“ ist dabei mehr als Menschenführung: sie ist die Skizze eines Menschenbildes, das den Soldaten der Bundeswehr als „Staatsbürger in Uniform“ definiert. Darüber hinaus dient das Konzept als Arbeitsbegriff, unter welchen eine Vielzahl verschiedenster Aspekte fallen. So soll „Innere Führung“ einerseits in ihrer Gesamtheit zu einer verstärkten Integration der Bundeswehr innerhalb eines sich stetig wandelnden Diskurses und in die Gesellschaft und ihre Werte beitragen, und andererseits im Idealfall zu einer Erhöhung der Einsatzfähigkeit der Bundeswehr führen. Aufgrund der Vielzahl dieser Ambitionen verwundert es kaum, dass es nicht leicht ist, eine einheitliche Definition der „Inneren Führung“ zu finden. Uwe Hartmann stellt sich genau dieser Herausforderung, und leistet dabei Hervorragendes.

Er beginnt mit einer Auslegung und Aufarbeitung jener Zentralen Dienstvorschrift (ZDv)10/1 der Bundeswehr, die für alle Angehörigen der Streitkräfte verbindlich das Konzept der „Inneren Führung“ festhält.

In den folgenden 5 Kapiteln werden nicht nur die zentralen Aspekte der „Inneren Führung“ beschrieben, Hartmann beschreibt auch deren Erfolge und versucht sich in einer Analyse der Defizite. Dabei kann er den dynamischen und konzeptionellen Charakter „Innerer Führung“ deutlich machen. Es gelte, so schließt Hartmann: „Innere Führung“ müsse in Praxis durch die beteiligten Menschen -etwa militärische Führungskräfte- mit Leben gefüllt werden.

Uwe Hartmann gelingt es, sich mit klarer Sprache, und mit einer klaren Struktur dem weiten Feld Inneren Führung zu nähern. Er kann so militärische Laien in der Frühphase ihrer Auseinandersetzung mit der Thematik abholen, aber auch Kenner der Führungsphilosophie der Bundeswehr mit Fakten und Perspektiven überraschen. Die Wurzeln der Inneren Führung in den Gedanken der preußischen Heeresreformer, wie etwa das Konzept der Selbstverantwortung des Soldaten für den Erfolg im Gefecht durch Scharnhorst 1782 beschreiben, vermisst man dabei ebenso wenig wie Kurzbiografien der Vordenker der Inneren Führung in den 1950er Jahren; man denke etwa an Wolf von Baudissin, Johann von Kielmansegg oder Ulrich de Maizière. Besonders Überlegungen zur Anwendung, Hinweise auf mögliche Defizite und Wirkungen und Reflexionen zu gegenwärtigen Handlungsfeldern der Inneren Führung in den aktuellen Rahmen von Transformation, Veränderungen in der strategischen Diskussion vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion um Kampfeinsätze der Bundeswehr, etwa in Afghanistan, geben dem Buch Uwe Hartmanns hohe Aktualität. Gegenüber notorischen Kritikern der Inneren Führung plädiert er für einen offensiven Diskurs: Hartmann ist ein Freund der starken Debatte. Die Innere Führung werde bestehen, da ist sich der Autor sicher. Denn Selbstverantwortung, eine Erziehung zur Verantwortung und bestmögliche Einsatzbereitschaft als höchstes Gut seien nicht nur universelle und zeitlose militärische Werte; Hartmann zeigt auch, wie die Innere Führung sie hervorbringt. Zudem könne die Bundeswehr so beides sein: “Kampftruppe” und “bewaffnete Aufbauhelfer”. Soldaten müssen sich in einer multipolaren, globalisierten Welt auf beide Szenarien vorbereiten, um das breite Spektrum von Herausforderungen bewältigen zu können.

Hartmanns Buch ist ein sehr gelungenes Grundlagenwerk zum Themenkomplex „Innere Führung“. Wer das einzigartige, demokratische Kultur und ein humanes, positives Menschenbild pflegende Alleinstellungsmerkmal der deutschen Parlamentsarmee verstehen möchte, sollte „Innere Führung: Erfolge und Defizite der Führungsphilosophie für die Bundeswehr“ gelesen haben.

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